„Translationale Stammzellforschung“ in persona


24.06.2016   News


Projekte im Bereich der translationalen Stammzellforschung haben eine Brückenfunktion zwischen den grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnissen im Labor und dem Einsatz in der Patientenversorgung.

Wer sind die Menschen, die hinter einem solchen Projekt stehen? Welche Interessen haben sie, auch über den Tellerrand des eigenen Forschungsgebietes hinaus? Was bewegt sie momentan?

Mit dieser Serie wollen wir versuchen, den abstrakten Begriff der Translation greifbar zu machen und einen Blick hinter die Kulissen der translationalen Stammzellforschung ermöglichen. Im ersten Teil unserer neuen Serie stellt sich PD Dr. Sabine Neuß-Stein vom Universitätsklinikum Aachen vor.

Ich bin ... Sabine Neuß-Stein, 39 Jahre alt, Biologin, verheiratet, Mutter einer 5-jährigen Tochter, seit 12 Jahren Leiterin der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Stammzellen und Tissue Engineering“ am Universitätsklinikum Aachen und leidenschaftliche Forscherin. Zusammen mit Wissenschaftlern der Arbeitsgruppe „Tissue Engineering und Biomaterialien“ des Helmholtz Instituts der RWTH Aachen, der Plastischen Chirurgie des Universitätsklinikums Düsseldorf und der Firma Miltenyi zähle ich zu den Gewinnern des Förderwettbewerbs Translationale Stammzellforschung. Unser StemGraft-Konsortium arbeitet an der Translation einer kleinkalibrigen Gefäßprothese in die Klinik. Diese hat sich im Tiermodell (Schaf) bereits als herausragende Verbesserung zum Goldstandard erwiesen. Eine Kombination aus textilem Werkstoff, Fibringel, autologen Zellen (mesenchymale Stammzellen und Endothelzellen) sowie eine spezielle Bioreaktorkonditionierung waren hier zielführend. Im StemGraft Projekt wurden alle Arbeitsschritte zur Herstellung der Gefäßprothese vom ovinen auf das humane System übertragen. In meinem Teilprojekt haben wir Endothelzellen und mesenchymale Stammzellen (MSC) unter Bedingungen (xenofrei, serumfrei), die der guten Herstellungspraxis (engl. Good Manufacturing Practice, GMP) für Arzneimittel und Medizinprodukte entsprechen, expandiert, charakterisiert und die MSC in glatte Muskelzellen differenziert, bevor sie dann als Teil der Gefäßprothese im Bioreaktor konditioniert wurden. Wir konnten im 18-monatigen Förderzeitraum erfolgreich und mit deutlich verkürzter Produktionsdauer Prototypen herstellen und testen diese aktuell auf Funktionalität.

Welchen Stellenwert hat die Förderung aus dem Förderwettbewerb „Translationale Stammzellforschung“ für Sie persönlich und für Ihre Arbeit im Allgemeinen? Die Förderung war für meine Arbeit von besonderer Bedeutung, da ich zwar seit 15 Jahren im Bereich Stammzell-basiertes Tissue Engineering arbeite (vorwiegend im Bereich Knochenersatzstrategien), bisher aber kein Budget für erste Translationsschritte zur Verfügung hatte. Die Translation ist aber im Tissue Engineering ein logischer und zwingend erforderlicher Schritt, der konsequent verfolgt werden sollte. Aufgrund der Förderung im StemGraft Projekt konnten Protokolle zu GMP-konformem Arbeiten etabliert werden, die nun in allen laufenden und zukünftigen Forschungsprojekten mit MSC und Endothelzellen in meiner Arbeitsgruppe Anwendung finden. Dies verkürzt signifikant die präklinische Phase meiner Tissue Engineering Projekte und wird sich vermutlich auch positiv auf zukünftige Forschungsanträge auswirken.

Ein aktuelles wissenschaftliches Highlight für mich... Generell fasziniert mich der Fortschritt in der iPS Cell Community, auch wenn ich bisher selbst (noch) nicht mit iPS Zellen arbeite. Weniger als 10 Jahre nach Yamanaka´s Erstbeschreibung gibt es bereits eine erste klinische Studie zur Behandlung von Makuladegeneration und spannende Grundlagenforschung zu sich selbst organisierenden Organoiden (optic cups, mini-brains, mini-guts etc.). Hier interessiert mich besonders das Zusammenspiel von pluripotenten Stammzellen mit MSC und Endothelzellen zu funktionellen Organoid-Einheiten, wie es in den Arbeiten von Takebe et al., (Nature, 2013 und Cell Stem Cell, 2015) beschrieben wurde.

Was ich in diesem Monat außerhalb der Wissenschaft noch machen will ...  Jubeln, wenn Deutschland am 10. Juli Europameister wird und den nächsten Urlaub detailliert planen – South Africa is calling!